STAU IST BLÖD! VORNE GEHTS!
mit der Ente in die Haute Provence
Der Mai ist gekommen - Zeit für uns nach Belgien aufzubrechen, denn hier treffen sich immer am ersten Maiwochenende an die 50 Enten und Rahmenverwandte in der Ferme Madelonne bei Gouvy.
Es ist eines jener kleinen Treffen, mit geruhsamer Rundfahrt durch die Ardennen, mit Jazzkonzert oder Country-Rock am Samstag abend, mit nettem, kleinen Restaurant und mit Begrüßungsdrink vom Bürgermeister.
Wir wollen den Besuch dieses Treffens mit einer kleinen Frankreichreise verbinden, Ziel ist die Haute Provence mit der Gorge du Verdon, einer der schönsten Schluchten Frankreichs. Freitag am späten Nachmittag , nach gemütlicher Fahrt über Eupen und St.Vith, erreichen wir die Ferme Madelonne, vorher noch kurz in Luxemburg getankt: 1,27 der Liter. Aber bei unserem Minitank von 25 Litern, ist die Ersparnis ja nicht so erwähnenswert! Dieses Mal steht nicht mehr die gemütliche Wiese direkt unterhalb der Ferme zur Verfügung, sie wurde von den Enten wohl zu stark maltraitiert. Stattdessen weist ein Schild auf die gegenüberliegende Kuhwiese am Bach. Außer einem noch verschlossenen Pixiklo ist keine Infrastruktur vorhanden. Back to the roots!
Es sind erst 4 weitere Enten da, aus Bonn, Kommern, Belgien und Holland. Wir finden ein lauschiges Plätzchen direkt am Bach. Unser Überdach ist schnell aufgebaut, ebenso das Bett in der Ente. Ja, hier auf 1,20 x 2m wollen wir ja die nächsten 3 Wochen nächtigen, gelobt sei was hart macht!
Für Freitag und Samstag abend hatten wir das Abendessen vorbestellt. Im gemütlichen Kellerrestaurant gibt es ein kleines Menü , das wir bei intensiven Gesprächen mit einem französischen Pärchen gemeinsam genießen.
Samstag dann ist ab 14.30 die gemeinsame Ausfahrt angesetzt. Claude, der Veranstalter, hat wirklich wieder eines tolle Strecke ausgesucht. Zielort ist Gouvy, wo uns der Bürgermeister mit
einem Gläschen Prosecco in der neuen Bürgermeisterei willkommen hieß. Abends spielte in der Ferme eine Popband. Da wir lieber selber Musik machen wollen , treffen wir auf der Campwiese Roland aus
Bonn mit seinem Akkordeon und unsere stimmungsvolle Musettemusik lockt andere Entenfahrer(innen) herbei…
Sonntag früh geht es weiter gen Metz, von dort auf kleinen Landstraßen in Richtung Grenoble. Wir fahren nach guten Michelinkarten 1: 200.000: die schönsten Strecken sind da grün hinterlegt – das sagt dir kein Navi. Der freilich ist in den Städten doch oft von Nutzen. Überland aber versucht der Navi immer wieder, uns auf die großen Straßen zu schicken, bis wir ihn schließlich stumm schalten. Immer entlang der Mosel fahren wir auf den idealen Entenstraßen: bergab mit Schwung und den nächsten Berg hinauf, meist bleiben wir bei 60-80km/h, nur selten müssen wir in den zweiten runterschalten. – doch kein Auto weder vor noch hinter uns – so macht es Spaß und wir haben ja Zeit .Motto: entschleunigen….
Abends übernachten wir meist auf den ‚Camping Municipal‘, die kann man vorher im Internet raussuchen: es sind einfache Plätze, oft gibt es nur einen Sanitärblock mit kalt und warmen Duschen, kein Laden, kein Restaurant, kein Kinderspielplatz. Dafür aber Ruhe und an Flüssen gelegen, die Stadt fußnah. Und die Camping Musicipal sind preiswert: unsere Übernachtungskosten liegen zwischen 11 und 14 € mit Strom (für unseren kleinen Kühlschrank..). Den Strom nutzen wir auch zum Teekochen. Sogar eine Elektroplatte haben wir dabei..aber meist gehen wir abends lieber lecker essen statt zu kochen.
Weiter gen Süden.Vor Gap geht es bei offenem Dach und strah lender Sonne über einsame Straßen und Bergpässe: unglaubliche Felsformationen, fast wie in Norwegen. Enge Serpentinenpässe bezwingen
wir im 2.Gang. Wir genießen die Stille, den Geruch der Kiefern, den leichten Wind…ein türkisfarbener Fluss schlängelt sich durchs Kiesflussbett. Abends in Sisteron, haute Provence. Auf dem
Campingplatz gibt es WIFI, sodass wir mal nachschauen, was so los ist in der Welt…nichts versäumt! Am nächsten Tag fahren wir gen Gorge du Verdon, eine der schönsten Schluchten Frankreichs
Oberhalb des großen Lac de Ste.Croix liegt dicht an das Bergmassiv gedrängt der pittoreske Ort Moustier - Ste.Marie, den wir ausgiebig besichtigen: enge, kopfstein- gepflasterte
Gassen neben kleinen Wasserfällen-mit Pflanzen grün überwuchert- kleine, schicke Boutiquen in uralten provencalischen Häusern mit hellblauen Fensterläden. Cafes laden zum Verweilen
ein.
Für die nächsten 3 Tage ist Regen angesagt, sodass wir beschließen, statt in der Ente zu schlafen, auf dem Campingplatz in Correns eine Hütte zu mieten, denn unser Überdach bei Dauerregen morgens
wieder einzupacken ist nicht witzig! Im Nachhinein erweist sich die Wettervorhersage als falsch: kein Tropfen Regen.
Egal – mal richtig Platz haben tut auch gut!
Nach einem Besuch eines der schönsten Dörfer der Provence – Cotignac – sowie Carces und dem Zisterzienserkloster Abbe du Thoronet machen wir uns auf zum Höhepunkt unserer Reise, zur großen Rundfahrt um die Gorge du Verdon mit dem Ort Aiguines, den ich zuletzt vor 5o Jahren besucht hatte, als ich dort in den Bergen das Hinterrad meines DKW 3=6 Cabriolet verloren hatte. Der Ort
hat sich sehr gewandelt: das einst verschlafene Nest ist ein touristischer Anziehungspunkt geworden mit entsprechender Infrastruktur.
Um diese Schlucht kennenzulernen, sollte man zunächst von Aiguines aus die südliche D71 befahren mit schon spektakulären Ausblicken auf die Berge und die türkisgrüne Verdon. Dann über
Trigance auf die D952 Richtung Moustier wechseln, aber kurz vor Le Palud abbiegen auf die kleine GR4, die uns ganz nah an die Schluchten heranführt! Teilweise ist diese Strecke eine
Einbahnstraße.
Die GR4 trifft wieder in Le Palud auf die D952, der wir nach Moustier folgen. Alles in Allem fahren wir 160km die tollsten Serpentinen – man könnte laufend fotografieren! Immer wieder
überwältigend, wie beliebt die Ente ist: Motorradfahrer grüßen mit victory, Jaguarfahrer winken, die Menschen lächeln, wenn wir vorbeifahren…
Abends mieten wir auf einem Campingplatz oberhalb von Aiguines mit wunderschönem Blick auf den See eine kleine Holzhütte, die aussieht wie ein großes Weinfass: diese Hütten werden in
Lettland gebaut und sind inzwischen auf Campingplätten sehr beliebt. An ihrer Innenausstattung freilich könnte man Einiges verbessern: da gibt es nicht mal Haken für die Klamotten…
Am 23.5. beginnen wir die Rückreise nach Düsseldorf. Ab Digne meiden wir mal wieder die große D900 und fahren stattdessen über die D 900A gen Seyne, von dort über die kleine D900c in Richtung Gap. Wieder eine herrliche Strecke, aber steile Pässe, die uns oft in den ersten Gang zwingen. Wer da hinter uns ist, braucht eben Geduld…wie war doch unser Motto: Stau ist blöd! Vorne geht’s.
In Gap oh Schreck, springt die Ente nach dem Tanken nicht mehr an. Strom ist da, aber der Anlasser streikt. Ab Gap heißt es nun: Enter anschieben, denn irgendwie klappt es mit der Ankurbelei
nicht so gut. Zum Glück gibt es immer nette Mitbürger. Nur schöne, einsame Frühstücksstellen, irgendwo am See über Feldwege erreichbar, die fallen nun weg.. Also beschließen wir, bis Chalon sur
Saone durchzufahren und ab Grenoble sogar mal die Autobahn zu nutzen. Am nächsten Tag verlassen wir Chalon und beschließen spontan, heute bis Düsseldorf zu fahren—es werden 662 km. Abends um
19.45erreichen wir nach 2.935 km Geamtstrecke Düsseldorf.
Gut gemacht, Ente!
Montag morgen wechsle ich den Anlasser, den ich für 5€ irgendwann ersteigert hatte---alles wieder o.k.
Man hat eben immer die falschen Ersatzteile dabei.
Jörn Raeck,
Düssel Ducks 2015